Ich verabschiedete mich freundlich, aber entschlossen nach der letzten, vertraglich vereinbarten Unterrichtsstunde von meinem Mentor und meinem Mitschüler.
Zu diesem entwickelte ich zu diesem Zeitpunkt ein Gefühl der Verachtung und des im-Stich-gelassen-werdens.
Anstatt mit mir zu üben, probte dör Hörr Kollege schon mal die nächsten Stücke (alleine), um wieder mal schön da zu stehen. Und dabei wollten wir doch beide Rockstars werden.....
Unser gemeinsamer Lehrer konnte nicht glauben, daß dies nun zu Ende sei, und telefonierte von künstlerischer Inbrunst getrieben mit meiner bis zum heutigen Tage sehr resoluten Mutter. Diese packte die schon erwähnten stechenden Argumente wieder hervor und schickte mich postwendend wieder zum Unterricht.......
Und da ging ich nun, ich armer Tropf, mit gesenktem Haupt meinem Untergang entgegen.
Ich sah mich schon mit Lederhose und Sepplhut im volkstümlichen Musikantenpfuhl enden. Karl Moik und ich... Eine grauenvolle Zeit stand mir ganz ganz sicher bevor...

Da riß mich ein Ruf aus einem Fenster des Nachbarhauses aus meinen finsteren Tagträumen:
"Hä, Griesch!! Wo gähsd`n immer mit der Klampfm hie? Komm doch bei Gelegenheit mal vorbei, dann mach ma moi a Seschn!" Dieser befremdliche Zuruf meines Nachbarn sollte der Beginn eines Sinneswandels sein. Ich lief also ohne lang zu überlegen nach einer grausamen Unterrichtsstunde eines Montagabends bei Robert Paintinger, meinem Nachbarn und damals Bassisten einer coolen Blues-Rock-Band ein. Völlig am Boden und vor lauter "im Wald und auf der Heidi" - Gezupfe fand ich mich in einem Wohnzimmer voller Instrumente, Verstärkern und vollgekritzelten Notenblättern wieder. Die Luft war nikotingeschwängert und vor mir stand plötzlich eine geöffnete Flasche Augustiner Edelstoff. Erste Gespräche, von denen mir der Inhalt nicht mehr bekannt ist, (was durchaus am Getränk liegen konnte), veränderten schlagartig von einem Moment auf den anderen meinen Blickpunkt in Sachen Musik. Dieser Mensch konnte Gitarre, E-Gitarre und Bass spielen! Und ehe ich mich versah, drangen rauhe, kehlige amerikanische Texte an mein Ohr. Ich habe einen Rockstar kennen und schätzen gelernt! Und von da an wusste ich: so wollte ich werden! Eine Gitarre in die Hand nehmen und: "duididi-duididi!" Zum ersten Mal wurden mir Töne und Akkorde beigebracht, die sogar dann noch Spaß machten, wenn die Finger schon fast bluteten... Und so wurde die Unterrichtsstunde am Montagabend durch eine anschließende verlängert.
Ich lernte in kürzester Zeit Bluesskalen in A- E und D. Ich bekam Grundkenntnisse am Bass vermittelt und wurde dazu animiert zu singen und damit mein Instrument zu begleiten. Das zweite halbe Unterrichtsjahr verging fast wie im Flug und ich verbrachte nahezu meine gesamte Freizeit im Nachbarhaus. Was die Karriere meines Mitstreiters betrifft, habe ich nur noch mitbekommen, daß dieser furchtbar Druck mütterlicherseits bekam. Die kriegte meinen Wandel damals natürlich mit und drohte dem Filius, die zu X-mas verprochene E-Gitarre samt Verstärker ersatzlos zu streichen, wenn er nicht endlich loslege und so losfiedle wie ich...
Diesbezüglich war der Ärmste überfordert, da ich nun, ohne dies zu bemerken, die volle Aufmerksamkeit meines Lehrers genoss. Meine Veränderung konnte er sich zwar nicht erklären, er dürfte es, im Nachhinein betrachtet, aber als persönlichen Erfolg seinerseits verbucht haben. Nun also alleine, saugte ich alle Infos und Tricks meines neuen Lehrers und Idols Robert auf. Ich dürfte ihm wohl zwischendurch ganz schön auf die Nüsse gegangen sein, ich war praktisch wie ein Untermieter und ständig präsent. Nach einiger Zeit, ich dürfte wohl 14 oder 15 Jahre alt gewesen sein, hielt ich es für angebracht eine eigene E-Gitarre samt Verstärker zu erwerben. Ich arbeitete am Samstag im Betrieb meines Vaters und sparte mir mein Taschengeld. Dann kaufte ich gebraucht und mit Zuschuss von beiden Elternteilen eine schwarze Les-Paul-Kopie mit Echolette-Verstärker. Mann, war ich stolz damals...
Die erste Band wurde gegründet namens: "Crash&Carry". In dieser Band spielte leider auch der allseits gefürchtete Bruder meines Idols Schlagzeug, und nach dem Auseinanderbrechen der Gruppe verlor ich den Kontakt zu meinen Vorbild. Doch ich hatte einen soliden Grundstock erhalten...